Kulturbeiträge

Inhalt:

Kein Mauerblümchen zwischen Witz und Schattendasein:

Die Bratsche 5. Teil: Witze und Kurisositäten

Musikstunde mit Christian Schruff

S2 Kultur         Freitag, 3.7.1998

 

Artikel aus der WAZ(Westdeutsche Allgemeine Zeitung) vom 14.2.2003

Auf ein Wort: Wer zuletzt lacht... von Anne Ullenboom, WAZ-Volontärin

„Arme Bratscher“

Netview mit Roman vom www.derstandard.at

 

„Es ist ja auch ein störrisches Instrument"

Stefan Schickhaus im Gespräch mit Tabea Zimmermann

 

● „Soziologie des Musikerwitzes

Sendung desBayern2Radio vom 3.3.2000

© 2000 by Martin Hufner (EMail)

 

Zum Image der Bratsche

aus: „Scherzkommunikation unter Musikern“

Tübingen 1991 von Wilfried Schütte (Dissertation)

 

Das Kulturereignis

Programmhinweise des WDR für den 14.-20.1.2002

 

Artikel aus der WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) vom 14.2.2003

Auf ein Wort: Wer zuletzt lacht... von Anne Ullenboom, WAZ-Volontärin

 

Wer zuletzt lacht...

Manche Berufsgruppen haben es nicht leicht. Nehmen wir zum Beispiel die Bratschisten. Die sitzen im Orchestergraben immer so ungünstig, dass sie den Dirigenten kaum sehen können und müssen zudem allerhand Spott ertragen.

Von unkundigen Konzertbesuchern wird ihr Instrument als Altgeige, Mezzovioline, oder auch schon einmal als Kinn- oder Wurfcello tituliert, und auch die Musikerkollegen witzeln über die armen Streicher, die nie die erste Geige spielen dürfen.

Zu langsam, zu schräg, zu wirr sei das Spiel der Bratscher - alles Attribute, die man auch gerne den Bratschisten selbst zuschreibt. Frei nach dem Motto: Nur Verlierer lernen Bratsche, alle anderen lernen lieber was Anständiges.

Die Bratschisten nehmen die Pöbeleien mit Humor - und gießen mit einschlägigen Internetseiten auch noch Benzin ins (Freuden-)Feuer. Unter www.bratschenwitze.de zum Beispiel ist ein neuer Link zu einer Seite zu finden, auf der ein Bratschen-Psychologe Ratschläge erteilt.

Zu den Themen Beruf, Malheur und Technik können Bratschen und ihre Spieler hier per Email Fragen loswerden. Geantwortet wird garantiert. langsam, schräg und wirr - und mit einem Augenzwinkern. Boom

 

http://www.waz.de/waz/waz_images_control/waz_kopf.gif

▲hier geht’s zur WAZ▲

 

 

 

Arme Bratscher

Netview mit Roman vom www.derstandard.at

Hier ist der Artikel zu finden:

http://derstandard.at/1335144

 

"Es ist ja auch ein störrisches Instrument"

Stefan Schickhaus im Gespräch mit Tabea Zimmermann

 

Für die Junge Deutsche Philharmonie ist Tabea Zimmermann ein Klassiker. Kaum ein anderer Solist aus der Spitzenliga musiziert so regelmäßig mit dem jungen Orchester aus Frankfurt wie sie. Doch ihre Programme sind längst nicht nur klassisch, die 35-jährige Bratscherin ist eine begeisterte und ebenso begeisternde Interpretin von Neuer Musik. Jetzt steht ein druckfrisches Viola-Konzert an, Wolfgang Rihm hat es für sie komponiert. Stefan Schickhaus sprach mit Tabea Zimmermann darüber, was die Bratsche so reizvoll macht für das Zeitgenössische.

Stefan Schickhaus: Frau Zimmermann, was ist denn das Besondere an der C-Saite Ihres Instruments, der Bratsche?

Tabea Zimmermann: Die C-Saite ist die tiefste Saite, mit ihr kommt das größere Volumen einer Viola im Vergleich zu einer Violine zum Tragen. Die Bratsche hat mehr Tiefe: Tiefere Töne, aber auch mehr Tiefe im Ausdruck.

Stefan Schickhaus: Aber was ist nun das besondere an Ihrer C-Saite? Immerhin hat genau diese den Komponisten György Ligeti zur Konzeption seiner Viola-Sonate veranlasst. Seine Begeisterung galt nicht der C-Saite im Allgemeinen, sondern Ihrer im Besonderen.

Tabea Zimmermann: Ich hatte in Köln ein Bratschen-Konzert eines anderen Komponisten uraufgeführt, das mit einem traurigen, jüdischen Thema auf der C-Saite beginnt. In der Pause kam Ligeti zu mir und sagte: Passen Sie auf, wenn Sie so weiterspielen, bekommen Sie noch ein Stück von mir. Seine Begeisterung für meine C-Saite hat er immer wieder betont, der erste Satz seiner Sonate wird dann auch ausschließlich auf dieser Saite gespielt. Was man dort spielen muss, ist absolut grenzwertig, Ligeti hat das auf die Spitze getrieben.

Stefan Schickhaus: Können Sie seine Begeisterung nachvollziehen? Was klingt bei Ihnen anders als bei anderen Bratschern? Zwei, drei andere gibt es ja noch!

Tabea Zimmermann (lachend): Da gibt es schon noch einige mehr! Ach, ich weiß nicht - mit der eigenen Beurteilung liegt man ja meistens nie so ganz richtig. Sagen wir einmal so: Ich habe dieses moderne Instrument ausgewählt, weil es den Anforderungen moderner Musik besonders gerecht wird. Es wurde 1980 gebaut, meine Kollegen in der "ersten Liga" spielen alle weitaus ältere Instrumente.

Stefan Schickhaus: Was reizt Komponisten von heute am Klang der Bratsche, was Komponisten früherer Epochen nicht gereizt hat. Immerhin entstehen derzeit mehr Bratschen-Konzerte als im ganzen 19. Jahrhundert. Das reicht bis zum Thema Biotechnik: Eine Komposition namens "Dolly" ist für "Video, Tonspur und Bratsche" geschrieben. Bratsche, nicht Geige.

Tabea Zimmermann: Zum einen ist es ja so, dass wir einfach Literatur brauchen. Man entdeckt jetzt die Bratsche als ebenbürtiges Soloinstrument, und es gibt bislang kaum Stücke für sie. Es ist ja aber auch ein sperriges, störrisches Instrument, das man meistern muss - vielleicht reizt auch das. Für die Schnelligkeit wie auf einer Geige braucht man mehr Kraft im Detail, es darf aber selten nach Kraft klingen. Sie ist nun einmal größer, hat dickere Saiten, spricht bei zu wenig Druck schlechter an - es gibt nicht umsonst so viele Bratscher-Witze, die die Langsamkeit und Behäbigkeit von Bratschern zum Thema haben. Geht man mit einer Geigentechnik an die Bratsche heran, klingt es erst einmal träge. Mein Anspruch ist, das zu überwinden, damit es in virtuosen Passagen genau so leicht und schnell klingen kann. Da brauche ich dann die schnelleren Finger und den schnelleren Kopf als ein Geiger.

Stefan Schickhaus: Ist die Viola das emotionalere Instrument? So wie Mezzosopranistinnen wie die Bartoli oder die Larmore emotionaler veranlagt zu sein scheinen als Sopranistinnen?

Tabea Zimmermann: Würde ich sofort unterschreiben, ja! Ich denke, wir haben die reicheren Möglichkeiten. Es mag reine Hörgewohnheit sein, aber mir ist die Violine - wenn ich sie etwa bei der Kammermusik neben mir höre - einfach zu schmal, da fehlt etwas.

Stefan Schickhaus: Ist die Viola auch das "unbelastetere" Instrument? Neue Musik braucht neue Instrumente, haben damals die Futuristen gefordert. Mit der Violine assoziiert jeder irgendetwas, und sei es auch nur Kaffeehaus oder André Rieu...

Tabea Zimmermann: ...wobei André Rieu durchaus gut Geige spielt, nicht nur verglichen mit Vanessa Mae! Das mit dem neuen Instrument kann ich bestätigen: Wenn ich mit meiner Bratsche - obwohl ja ganz klassisch gebaut, sie hat ja keine Ecken und Kanten! - das Schnittke- oder das Penderecki-Konzert spiele, hat sie meiner Meinung nach einfach mehr Ton und kann an andere Grenzen gehen als die Bratsche von Yuri Bashmet oder die Amati von Kim Kashkashian.

Stefan Schickhaus: Kann es auch sein, dass mittlerweile ein ästhetischer Wechsel stattgefunden hat? Zur Zeit etwa eines Paganini konnten die Töne nicht hoch, hell und brillant genug klingen. Vielleicht schlägt das Pendel hier jetzt erst um ins dunkle?

Tabea Zimmermann: Die meisten Komponisten begnügen sich heute nicht mehr mit nur einer Facette eines Instruments. So geht etwa Ligeti in seiner Solo-Sonate in jeder Richtung an die Grenze des Machbaren: Im ersten Satz alleine schon grifftechnisch an die Grenze, im zweiten Satz was die Sprünge und weiten Distanzen angeht, im vierten Satz an die Grenze der Geschwindigkeit. Ligeti fordert von einem Bratscher etwas, was noch niemand gefordert hat und was in unserer Generation im Grunde noch nicht zu leisten ist - was aber für die nächsten Generationen hoffentlich selbstverständlich sein wird.

Stefan Schickhaus: Er hat also eine Grenze, die früher immer stillschweigend akzeptiert wurde, eingerissen?

Tabea Zimmermann: Ja, so muss man das sagen. Das war ein wirklicher Traditionsbruch. Damit bin ich absolut an meine Grenzen geraten, was mir bis dahin noch nie passiert ist.

Stefan Schickhaus: Die Ligeti-Sonate ist von 1994, Wolfgang Rihm hat sein erstes Viola-Konzert 1983 komponiert. Hatte er die Grenzen noch eingehalten?

Tabea Zimmermann: Ja. Ich habe es nur einmal gespielt, darum freue ich mich besonders, dass ich sein Zweites jetzt uraufführen darf.

Stefan Schickhaus: Wolfgang Rihm ist einer der wenigen zeitgenössischen Komponisten, die - bei allem Anspruch - beim Publikum immer ausnehmend gut ankommen. Woran mag das liegen?

Tabea Zimmermann: Ist das so? Auch unabhängig davon, wer seine Musik spielt? Ich finde, besonders bei Neuer Musik ist der Interpret enorm wichtig. Er muss das Stück nahe bringen, und wenn er sich zu kühl zurück hält, dann geht das Stück nicht an den Hörer heran. Den emotionalen Vortrag kann auch eine noch so gute analytische Einführung nicht ersetzen.

Stefan Schickhaus: Sein Violinkonzert "Gesungene Zeit" hat Rihm für Anne-Sophie Mutter und ihre Violinästhetik geschrieben - es handelt sich um ausschließlich schöne Töne. Das zweite Viola-Konzert nun ist für Sie komponiert. Was erwarten Sie davon?

Tabea Zimmermann: Auf jeden Fall nicht nur schöne Töne, das würde mich wundern und vielleicht auch ein bisschen enttäuschen. Ich hatte neulich erst eine Uraufführung mit nur schönen Tönen, von einem jungen Berio-Schüler, der sich jetzt gegen die Avantgarde wendet und beschlossen hat, nur noch zu schreiben, was ihm selbst gefällt. Ich bewundere den Mut, obwohl es schon hart an der Grenze zu "over the top" war.

Stefan Schickhaus: Gibt es im Verhältnis Rihm-Zimmermann so etwas wie die C-Saite damals bei Ligeti-Zimmermann? Warum gerade Sie?

Tabea Zimmermann: Der Wunsch von beiden Seiten ist schon ganz alt, zunächst dachten wir an Kammermusik, jetzt wird es ein Solo-Konzert. Wenn man sich schätzt, nicht nur fachlich, sondern auch persönlich, dann ergibt sich das von allein.

Stefan Schickhaus: Persönliche und fachliche Wertschätzung verbindet Sie auch mit der Jungen Deutschen Philharmonie. Sie sind eine der treusten Solistinnen, die regelmäßig und schon lange mit dem jungen Orchester zusammen arbeitet. Vielleicht deshalb, weil Sie nie selbst in diesem Nachwuchsorchester spielen durften?

Tabea Zimmermann: Das stimmt, da hat mir mein Lehrer damals einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sein Argument war, dass ich Solistin, nicht Orchestermusikerin werden sollte, was ich aber als Begründung überhaupt nicht nachvollziehbar finde. Ich würde nie einem meiner Studenten sagen: Mach das nicht, es könnte deiner Karriere schaden!

Stefan Schickhaus: Nun geht Ihre Zeit in Frankfurt als Professorin für Bratsche bald zu Ende. Sie gehen nach Berlin an die Hanns-Eisler-Hochschule. Dann sind Sie weit weg von der Frankfurter Institution Junge Deutsche Philharmonie.

Tabea Zimmermann: Dann bilde ich die Bratscher für das Orchester eben in Berlin aus. Nein, da ändert sich nichts, auch als Solistin werde ich dem Orchester treu bleiben, damit hat der Wohnort Frankfurt nichts zu tun. Daran wird es nicht scheitern. Auf das nächste Konzert freue ich mich auf jeden Fall schon sehr.

 

 

 

Soziologie des Musikerwitzes

Sendung desBayern2Radio vom 3.3.2000 von Martin Hufner

Musik:
Elegie für Viola sola von Igor Strawinsky (10 Sekunden frei, dann unter dem Text lassen, am Ende wieder aufblenden)

Sprecher:
Es gibt zahllose Musikerwitze. Warum? – So stellt sich gewöhnlicherweise der Philosoph den beharrlichsten Fragen. Eine erste Antwort vorweg: Wie es der Begriff andeutet, so muss man ihn auch verstehen: Musikerwitze sind Witze von Musikern über Musiker. Sie umfassen das Spektrum vom Dirigentenwitz bis zum Triangelspielenden Schlagzeugerwitz.

Im Prinzip handeln sie nur von zwei Phänomenen: Der Unfähigkeit des musizierenden Musikers oder von der Borniertheit der Musiker an sich wie es im „Drei-Musiker-gehen-an-einer-Kneipe-vorbei"-Witz aufscheint. Ein typisches Exemplar des Unfähigkeitswitzes ist der folgende Bratscher-Witz:

„Ein Bratscher begehrt an der Himmelspforte Einlaß. Vor ihm wird ein Pfarrer von Petrus abgewiesen, der Bratscher wird aber eingelassen. Natürlich beschwert sich der Pfarrer, worauf Petrus erwidert: ‘Wenn du gepredigt hast, hat die Gemeinde geschlafen, wenn der Bratscher ein Solo hatte, hat das ganze Orchester gebetet!’"

Wenn es nur um das Faktum ginge, die Unfähigkeit von Musikern zu betonen, müsste aber doch eine Tatsache verwundern. Die Unfähigkeit wird nämlich dezidiert auf bestimmte Musikergruppen projeziert. Beim Orchester oder Streichquartett sind es die Bratscher, im Jazz sind es die Bassisten. Beide Musikergruppe werden zu Sündenböcken par exellence abgestempelt. Das ist zwar psychologisch gesehen ein rationelles Verhalten, aber aus soziologischer Sicht muss man fragen, welche gesellschaftliche Funktion sich darin manifestiert.

War dem Lachen nach Bergsons Theorie wesentlich, dass es die verhärteteten Konventionen durchbrach, so hat sich diese Annahme nach den Analysen Theodor W. Adornos zum sozialen Konflikt in sein Gegenteil verkehrt:

Das Lachen, sagt Adorno „restituiert nicht das Leben gegenüber seinen Verhärtungen, sondern die Verhärtung, wenn nach den Spielregeln allzu anarchische Regungen des Lebendigen jene Lügen zu strafen drohen. ... Das kulminiert in dem der Wut verwandten schallenden Gelächter, mit dem die Meute den Abweichenden zum Schweigen bringt, einem Verhalten, das, wenn die Bedingungen es gestatten, in physische Gewalt umschlägt und dabei noch diese zivilisatorisch rechtfertigt, indem sie sich gebärdet, als wäre alles nur Spaß."

Durch Adornos Analyse kann man schließlich zu der These kommen, dass die klassischen Sündenböcke des Musikerwitzes in Wirklichkeit Orte des Widerstandes sind. Dann verwundert auch keinen mehr die Tatsache, dass Komponisten, wenn sie selbst im Orchester mitspielen, sich regelmäßig zu den Bratschern setzen.

Damit haben wir die philosophische Frage, „es gibt Musikerwitze – warum?" zum Ende geführt. Am Ende treffen diese Witze den Produzenten von Musik. Selbst wenn der Bratscher bewitzt wird, ist der Komponist gemeint. Dieser reagiert mit der Methode, den Musikern den Spaß an der Musik so weit wie möglich zu verleiden – außer den Bratschisten, für die er immer vorzügliche Partien schreibt.

Mit freundlicher Genehmigung von Martin Hufner,

näheres unter http://www.hufner.de und http://www.kritische-masse.de )

Quelle:
Taktlos No. 27 (März)
Musik und Spaß

Sendetermin: 3.3.2000 / 20:05 Bayern2Radio
Website taktlos

 

Zum Image der Bratsche

Aus:„Scherzkommunikation unter Musikern“ Tübingen 1991 von Wilfried Schütte

 

Einführung und Erläuterung zu Dissertation von Günter Murgg Graz

 

Der Autor gewährt in dieser soziolinguistischen Arbeit tiefe Einblicke in die soziale und sprachliche Welt von Orchestermusikern, der er selbst als Oboist (aushilfsweise) angehört. Er nützt dabei seine Binnenperspektive (sein Insider-Wissen), um ein möglichst detailliertes und differenziertes Bild von der Orchestermusiker-Kommunikation zu entwerfen. Es muß betont werden, daß Schüttes Vorgehen ständig berücksichtigt, daß etliche seiner Leser mit der sozialen Welt des Orchesters nicht oder nur wenig vertraut sind. Er nimmt quasi eine verständnisfördernde Vermittler-Position ein, indem er ausführlich auf die Rahmenbedingungen für Scherzkommunikation unter Orchestermusikern eingeht. So beschreibt er die Arbeitsformen und Organisationsstrukturen des Orchesters, die spezifische Arbeitssituation, das ambivalente Selbstbild der Musiker (das zwischen Künstler und „Handwerker“ schwankt), die Arbeitsbelastung u.v.a.m. Erst durch diese Einbettung der Kommunikation in den Mikrokosmos der Orchesterstrukturen bekommt der Leser das nötige Hintergrundwissen, um scherzhafte Bemerkungen von Musikern adäquat deuten zu können. Das Gros des präsentierten empirischen Materials wird erst auf dem Hintergrund dieser Einbettung in größere Zusammenhänge verstehbar. Das empirische Material (Textkorpus) besteht aus aufgezeichneten Proben- und Pausengesprächen sowie aus Interviews mit Musikern. Als Kommunikationskanäle neben der Umgangssprache beschreibt Schütte scherzhafte Notengraffiti, Mitteilungen durch Musizieren (die sich aus der eingeschränkten Relevanz mündlich-verbaler Kommunikation für Orchestermusiker ergeben) und Textzitate in neuem Zusammenhang; d.h., die Übertragung von Textzitaten aus Opern, Oratorien, Kantaten und Liedern in einen aktuellen Kontext. Schütte versucht, die Kommunikation unter Orchestermusikern anhand einer Situationstypologie darzustellen:

„Bei den Techniken situationspezifischer Scherze möchte ich drei Gruppen unterscheiden:

(a) Rollenzuweisungen und Perspektivenübernahme,

(b) Situationskommentare,

(c) Abgrenzungen von den Kollegen und vom Dirigenten.

Diese Techniken sind in allen drei Situationen (Aufführung, Probe, Arbeitspause) anwendbar.“ (S. 242)

Neben Scherzen als Reaktion auf Situationsbedingungen behandelt der Autor auch gegenseitige spielerische Provokationen, die ihren Ursprung instrumentenspezifischen Stereotypen verdanken - so z.B. Bratschenwitze. Daneben gibt es aber auch nonverbale Mittel der Scherzkommunikation wie Schabernack und Routinetests. In diese Kategorie fallen Manipulationen am Instrument eines anderen Musikers, falsche Einsätze sowie Täuschungsmanöver aller Art. Zur linguistischen Beschreibung und Klassifikation von Scherztechniken in der Kommunikation von Orchestermusikern bedient sich der Autor der Begriffe „Frotzelei“,„Ironie“ und „Sarkasmus“. Gründe für ein Ausweichen auf eine scherzhaft-spielerische Ebene erblickt Schütte in orchesterinternen Kommunikationsbarrieren, speziell in der Tabuisierung einer ernsthaften Bearbeitung des Themas Arbeit: „Die Unmöglichkeit, ernsthaft miteinander über die berufliche Arbeit mit gegenseitiger offener Leistungsbewertung zu sprechen“ (S. 274), stellt sich als zwangsläufiges Resultat der wegen der Arbeitsteilung nicht austauschbaren Erfahrungsperspektiven dar. Als Erklärungsgrundlage bzw. Modell für die Beziehungskonstitution von Musikern verwendet der Autor das anthropologische Konzept der "joking relationships", das besagt, daß Probleme und Widersprüche scherzhaft bearbeitet werden können, während eine

ernsthafte Auseinandersetzung damit zu einer Gefährdung der Beziehung führen würde. Schütte betrachtet Blödeln als anarchische Kreativität mit Befreiungsfunktion, als Schutzmechanismus, der sowohl Situationskontrolle als auch Vermeidung von Sanktionen (durch den Dirigenten) ermöglicht. Außerdem können die Musiker mithilfe von Scherzen auch Rollendistanz zum Ausdruck bringen. Insgesamt stellt diese Arbeit den gelungenen Versuch dar, das Zusammenspiel von beruflich-strukturellen Gegebenheiten, kulturellen Standards und Wertvorstellungen sowie sprachlichen Handlungsmustern zu analysieren und eindrucksvoll zu belegen.

Günter Murrg,Grazer Linguistische Studien 41 (Frühjahr 1994)

 

Aus Kapitel 5. Funktionstypen Scherzhafter Orchestermusikerkommunikation

 

(...) Wohl aber ist das Wissen um die musikgeschichtliche Rolle der Bratsche für den Orchestergesamtklang und ihr historisch problematisches Image im Orchester gruppenspezifisch - im weiteren Sinne für Musikkenner, im engeren wie hier für Musikprofis. Dieses Wissen möchte ich als “Vorurteilswissen‘ kennzeichnen: Es gehört zu im Anwendungsfall nicht mehr hinterfragten geteilten Einschätzungen, Denktraditionen und Denkstereotypen. Es ist zwar nicht kodifiziert, indem etwa die Bratscher tarifvertraglich oder von der Diensteinteilung schlechter gestellt wären als andere Streicher -Witze, in denen die Bratscher verächtlich gemacht werden, sind aber einer der Prototypen des Orchestermusikerwitzes (1)‘. Das Muster dabei ist Zuschreibung einer archaischen Bedeutung (ähnlich wie im Spottgedicht die Wortwahl “Kammervirtuos“ archaisch ist).

 

EXKURS:ZUM IMAGE DER BRATSCHE

 

Dieser Witztyp läßt sich ableiten von der eingeschränkten Bedeutung und Anerkennung, die musikgeschichtlich die Bratsche und damit auch ihre Spieler in der Vorklassik und teils auch noch in der Klassik im Orchester hatten:

 

“Diese Geringschätzung der Mittelstimme resultiert aus der damaligen Kompositionsweise die - nur selten polyphon durchgearbeitet und oft nicht real vierstimmig — die Mittelstimmen häufig als harmonische Füllstimmen behandelte (MESSMER (1985) 116)

 

Bratschen waren zumeist auf diese unattraktive Mittelstimme im Satz festgelegt. Auch aus zeitgenössischen Quellen spricht die Abwertung der Bratsche; ich gebe im folgenden einige Belege:

 

Johann Joachim Quantz 1752:

“Die Bratsche wird in der Musik mehrenteils für etwas geringes angesehen. Die Ursache mag wohl diese seyn, weil dieselbe öfters von solchen Personen gespielet wird, die entweder noch Anfänger in der Musik sind; oder die keine sonderliche Gabe haben, sich auf der Violine hervor zu thun; oder auch weil dieses Instrument seinem Spieler allzuwenig Vorteil bringt:

weswegen geschikte Leute sich nicht gerne dazu brauchen las­sen (2)

 

Die Bratschisten waren im 18. Jahrhundert mithin gegenüber den Geigern tatsächlich minderqualifiziert und mußten sich mit einem Aschenputtel.-Dasein im Orchester(3). zufriedengeben; das wirkte sich nicht allein auf ihr Image aus, sondern ganz konkret in der Präsentation des Orchesters - in der Sitzweise:

 

Johann Friedrich Reichardt geb. 1752, Schüler des Thomaskantors Johann Adam Hiller, von 1775 - 1793 preußischer Hofkapellmeister, in einem Bericht über das Leipziger “Große Konzert“, ein bürgerliches Liebhaberkonzert aus dem Jahre 1776:

“Die wenigen geschickten Männer (...) können das Ganze nicht vollkommen machen; da dieses nur durch die Gleichheit aller einzelnen Theile geschehen kann. Ausser seinem Solo oder Concert ist der Virtuose so gar verpflichtet, der Gleichheit wegen seine besondere Geschicklichkeit zu verbergen, und er gilt alsdann nichts mehr, als der Unterste gelten sollte, dem man gemeinhin nur ein Licht aufs Pult steckt; ich meyne den Bratschisten, von dem man fast allgemein glaubt, daß er gut genug spiele, wenn man ihn nur eben so wenig hört, als er in seinem Winkel gesehen wird“. (4)

 

Reichardt beschreibt hier nicht nur die reale Rolle der Bratscher, sondern schafft durch die ironische Zuspitzung (der Bratscher in einem hinteren Winkel des Orchesters; mit nur ei­nem Kerzenlicht, weil seine Stimme unbedeutend ist; Homologie von akustischer und optischer Wahrnehmung des Orchesters; Ressentiments des qualifizierten Orchestermusikers, weil sein Image auf das niedrige Niveau der Bratsche herabgezogen wird) feuilletonistisch die Grundlage für Witze auf Kosten der Bratsche in späteren Jahrhunderten. Interessant sind auch seine Anmerkungen zum problematischen Verhältnis zwischen Solisten und Tuttisten und zum gebrochenen Selbstbild der Geiger, die gelegentlich solistische Aufgaben haben, sich dann aber wieder der von einer fiktiven Gleichheit aller Musiker ausgehenden Ästhetik des Orchestergesamtklanges unterordnen müssen. Freilich: Der Bratscher sieht sich nie in dieser Zwickmühle - er ist der ständige underdog des Orchesters.

 

 

Auch im 19. Jahrhundert wurde dieses Bratschen-Image noch thematisiert, allerdings teilweise schon in Retrospektive:

 

Hector Berlioz 1843 in seiner Instrumentationslehre:

 

“Die Violaspieler wurden stets aus dem Ausschusse der Violinspieler entnommen. War ein Musiker unfähig, den Violinposten genügend zu bekleiden, so wurde er zur Viola versetzt. Daher kam es, daß die Bratschisten weder Violine noch Viola spielen konnten. Ich muß sogar gestehen, daß dieses Vorurteil gegen die Violastimme auch in unserer Zeit nicht gänzlich verloschen ist, daß es bei den besten Orchestern noch Violaspieler gibt, die sowenig die Violine wie die Viola zu behandeln wis­sen. Doch sieht man neuerdings immer mehr die Mißlichkeiten ein, die aus Duldung solcher Leute entstehen, und so wird die Viola nach und nach, ebenso wie die anderen Instrumente, nur geschickten Händen anvertraut werden.(5)

 

Ein später Beleg für die Geringschätzung der Violaspieler als unqualifiziert findet sich in einer Anekdote aus Alexander Witeschniks Sammlung “Warten aufs hohe C“:

 

“Im Mai 1872 gab Richard Wagner zehn Tage vor der Grundsteinlegung des Festspielhauses mit dem Hofopernorchester sein erstes Bayreuther Konzert in Wien, das ereignishaften Charakter annahm. Auf dem Programm standen unter anderem die ‘Tannhäuser‘-Ouvertüre in der Pariser Fassung und die Venusberg-Musik. Bei der Probe gab es einige Schwierigkeiten mit den Musikern. Als in der Ouvertüre das leidenschaftliche Venusberg-Motiv erklang, das den Bratschen Ungewohntes zumutete, klopfte der Meister ab und erklärte: ‘Vor mir war die Viola im Orchester immer nur das Aschenbrödel, während die anderen Instrumente aufgeputzt einherstolzieren. Das muß jetzt anders werden. Sie, meine Herren, sollten mir‘s danken, denn ich habe die Bratschisten erst zu Menschen gemacht!

 

Albert Bachrich, der am Bratschenpult saß und diesen Ausspruch überliefert hat, fügt hinzu: „Im „Tristan“ müssen dem Meister die Violaspieler schon als Übermenschen vorgeschwebt sein!‘

 

Man kannte freilich damals die ‘Elektra‘ und den ‘Wozzeck‘ noch nicht...“ (WITESCHNIK (1969) 57f.)

 

Auch Wagner thematisiert hier das traditionelle Image der Bratsche als eines subalternen Instrumentes. Das wird dabei jedoch überlagert von Wagners Arbeit am eigenen Image: er als „Meister“ (so wird er zweimal in dieser Anekdote tituliert) beherrscht die Situation souverän; mit seiner Gunst und Kompositionskunst verteilt er Image-Chancen an Orchesterinstrumente. Wagner definiert - als taktisch geschickter Dirigent - eine Fehlleistung der Bratschen (ein Abklopfen war notwendig, weil die Bratschen eine ungewohnt schwere Stelle nicht bewältigt haben) als Chance um, durch erhöhte Leistung sich vom traditionell schlechten Image zu lösen - so möchte er die Bratschen für seine Zwecke anspornen.

 

Der Schluß der Anekdote deutet an, wie sich die Bratscher mit steigenden Anforderungen in Opernpartien emanzipieren konnten - auch wenn Bachrichs übertreibend-ironischer Spruch eher darauf hindeutet, daß er sich nicht von Wagners Geniekult vereinnahmen lassen wollte (Ende des Exkurses). Zum einen ist es also - bezogen auf die Orchestermusik des18.Jahrhunderts - durchaus zutreffend, die Entwicklung der Bratsche als einen Kampf um Anerkennung zu beschreiben. Zum anderen wird der Witz in Beispiel Nr. 34 nicht als innovativ und spontan formuliert markiert und behandelt. (...)

 

 

(1)AVGERINOS (1981) 184 verzeichnet unter den Ausdrücken für Bratsche auch “Schlummerbratsche“ und gibt zur Erklärung an:

 

“In älteren Zeiten ging ein Geiger, der nicht mehr leistungsfähig genug war, zur Bratsche über. Er konnte hier bis zur Pensionierung ‘schlummern‘. Daher die Scherztrage: Sagen Sie, Herr Kollege, ist auf der Bratsche auch ein schneller Triller möglich?‘ Eine andere Er­klärung führt zur üblichen Instrumentationstechnik des vorigen Jahr­hunderts. Die Bratsche war vorwiegend Begleitinstrument, auf ihr wurde ‘nachgeschlagen‘ . Der Spieler brauchte also keine allzugroße Konzentration aufzubringen.“

 

Dies umschreibt das Stereotyp, auf der Bratsche werde nicht so virtuos, so “spritzig“ gespielt wie auf der Geige — sei es wegen der Bauart und der Verwendungsweise des Instrumentes, sei es wegen der Eigenschaften und Defizite seiner Spieler. Ob in der Bezeichnung “Dieselgeiger“ außerdem die Assoziation eines ‘nagelnden“ Dieselmotors enthalten ist, die auf die typische Bratschenfigur schnell repetierter Noten bezogen wird, vermag ich nicht zu entscheiden.-

 

Einen Bratschenwitz habe ich während einer Auslandstournee auf einer längeren Busfahrt gehört; ich erzähle ihn aus dem Gedächtnis nach: “In einem quadratischen Raum stehen in den vier Ecken der Osterhase, der Weihnachtsmann, ein langsamer und ein schneller Bratscher. In der Mitte des Raumes steht auf einem Tisch eine Torte. Plötzlich geht das Licht aus — wer bekommt die Torte? - Natürlich der langsame Bratscher, die an­deren drei gibt es gar nicht!“

 

(2)Johann Joachim Quantz: aus dem Kapitel “Von dem Bratschisten insbeson­dere“ in “Versuch einer Anweisung die Flute Traversière zu spielen“,

Berlin 1752, Reprint Kassel 1983, 8. 207ff.; zitiert nach MESSMER (1985)

 

(3)JEFFERSON (1974) 37 sagt, daß die Bratschen einst “the cinderellas of the orchestra“ genannt wurden, was im 20. Jahrhundert u. a. dank der Bemühungen von Hindemith (der selbst Bratscher war) nicht mehr gelte.

 

(4)zitiert nach: SCHLEUNING (1984) 104.— Dort auch die biografischen Angaben zu Reichardt (S. 62, 5. 103)

 

(5)Hector Berlioz: Instrumentationslehre, Leipzig 1843, ergänzt und revidiert von Richard Strauss, Leipzig 1904, Neuauflage 1955. 5. 67; zitiert nach: MESSMER (1985)

 

 

Dr. Wilfried Schütte, Institut für deutsche Sprache
R5, 6-13, D-68161 Mannheim, Tel. (0621) 1581 308, Fax (0621) 1581 200
Postanschrift: Postfach 10 16 21, D-68016 Mannheim
e-Mail: schuette@ids-mannheim.de
http://www.ids-mannheim.de/prag/personal/schuette.html

 

 

Das Kulturereignis

Programm Neue Musik 14.1. - 20.1.2002

 

Montag, 14.01.2002
20.05-22 Uhr
Das Konzert Musik der zeit: Viola - Viola concertante

Jörg Widmann Polyphone Schatten (2001) für Viola, Klarinette und Orchestergruppen UA
Bernd Alois Zimmermann
Sonate (1955) für Viola
Bernd Alois Zimmermann Sinfonie in einem Satz (1947-53) für großes Orchester
György Kurtág Hommage à R. Sch. op.15 d (1990) für Klarinette (und Große Trommel), Bratsche und Klavier
Heinz Holliger Werk (2000-01) für Viola und Orchester UA
Tabea Zimmermann und Jane Atkins – Viola, Jörg Widmann – Klarinette, Silke Avenhaus – Klavier
WDR Sinfonieorchester Köln
Ltg Heinz Holliger
Moderation: Michael Struck-Schloen
Mitschnitt aus der Kölner Philharmonie vom 12.01.2002

Dienstag, 15.01.2002
15.05-17 Uhr
MusikPassagen Bratsche, letzte Worte
Moderation: Andreas Kirchhoff

John Dowland If my Complaints für Ensemble
Consort of Musicke, Ltg Anthony Rooley
Benjamin Britten Lachrymae op.48, Reflections on a song of Dowland (1950) für Viola und Klavier
Tabea Zimmermann, Hartmut Höll

Atlas der Moderne 174
* Gija Kantscheli
Vom Winde beweint (1990) Liturgie für großes Orchester und Solo-Viola
Kim Kashkashian, Orchester der Beethovenhalle Bonn
Ltg Dennis Russell Davies
vorgestellt von Suzanne Josek

Johannes Brahms Violasonate op.120,2 Es-Dur (1894)
Walter Trampler, Mieczyslaw Horszowski
Mauricio Kagel Aus dem Nachlass (1981-83/86) für Viola, Violoncello und Kontrabass
Trio Basso
György Ligeti Sonata (1991-94) für Viola allein (Ausschnitt)
Garth Knox
Béla Bartók Violakonzert op.posth (1945/47)
Bruno Giuranna, WSO
Ltg Jesús López Cobos

Wie kein anderes Instrument scheint die Bratsche das Instrument der "letzten Worte" zu sein, Worte des Abschieds (Brahms, der nach seinem op.119 beschlossen hatte nicht mehr zu komponieren); Musik aus dem (Schein)-Nachlass (Kagel); unvollendete Werke, über denen der Autor verstarb (Bartók) und die letzten Tränen über einen Verlust (Britten und Kantscheli, dessen Werk im Studio Neue Musik am 20.01. vollständig erklingt).

Mittwoch, 16.01.2002
23.05-24 Uhr
WDR 3 open: Studio Elektronische Musik Viola, verstärkt

Marc-André Dalbavie Diadèmes (1986)
Christophe Desjardins, Ensemble Intercontemporaine, Ltg Pierre Boulez

Diademe helfen den dunklen Schönheiten zu strahlen und zu funkeln. Diamanten bündeln das Licht und werfen es spektral auf den Betrachter zurück. Das gibt es auch in der Musik: Die Bratsche ist die sinistre Königin und was ihr zum leuchten verhilft, ist ein Ensemble und modulierende Live-Elektronik.

Sonntag, 20.01.2002
23.05-24 Uhr
WDR 3 open: Studio Neue Musik Bratsche, trauernd

Rolf Riehm Don't cry, mummy isn't here anyway. Memories of a temptingly morbid summer (1982) für Viola allein
Eckart Schloifer
Gija Kantscheli Vom Winde beweint (1990) Liturgie für großes Orchester und Solo-Viola
Kim Kashkashian, Orchester der Beethovenhalle Bonn
Ltg Dennis Russell Davies

Zur Bratsche gehört, wie wohl zu jedem charakteris-tischen Instrument, ein symbolischer Gehalt, der sich durch jahrhundertealten Gebrauch herausgemendelt hat. Für die Bratsche ist dies (keine der handelsüblichen Witze greift diese Seite auf) der klagende, der trauernde Ton. Kantschelis Titel spricht für sich (das Stück wird als Atlas der Moderne in den MusikPassagen am 15.01. vorgestellt), nicht weniger als die Assonanz von Riehms Titel, Symbol für Verlassenheit schlechthin.