Gedichte

 

 

Johann Krips“ u. „Rat für Geiger“

„Das Orchester“, Juliane Baucke

„Der Instrumentenstreit“, N.J.Kahlen

„Vergessene Kreatur“ Anonym

„Gebet eines Geigers“ Anonym

„Nachtgebet des Bratschisten“ (von Elisabeth Birnbaum)
„VOM BRATSCHENMANN“ Autor unbekannt

Ein Bratscherschicksal ,René Bigliotti

„Kammermusik“, Josef Weinheber

„Ein Mensch...“, Eugen Roth

„Die Wallfahrt nach Kevlaar Heinrich Heine

„Musikalisches“, Eugen Roth

 

 

Johann Krips

Johann Krips, ein Tutti – Bratscher

war des Lebens nimmer froh.

„Ich spiel im  Provinz-Orchester -

und könnt doch spielen anderswo !“

 

Mit dem Sein, das ihm beschieden

war Johann also unzufrieden,

denn er fühlte gar zu gern

berufen sich zu Größerem. 

 

Johann Krips, der Tutti – Bratscher

ist nur als Beispiel hier genannt.

Denn es gibt unzähl´ge Bratscher

deren Können wird verkannt.

 

Rat für Geiger

 

Wenn zwei Bratscher sich

um der Liebsten Liebe streiten,

sei nicht verkrämt und fang

nicht an zu leiden.

Als Geiger darfst du immer hoffen:

Der Schönen Herz und Bett

steht auch dir noch offen !

 

Das Orchester

von Juliane Baucke

 

Wir nannten den Maestro 'nen scharfen Hund -
er brüllte: "Was ist denn das für ein Harfenschund"
So kam es, daß selbst unsere Bratschen wachten:
sie wußten, daß Patzer Watschen brachten.

Es quält sehr oft unsre ersten Geigen
der Durst nach dem Saft, der gersteneigen.
Wenn unsre Zweiten zur Neige gehen,
dann müssen wir halt noch 'ne Geige nähen.

Platz fand der Cellist für den Stachel keinen
(der Boden war aus Kachelsteinen) -
drum läßt er den Boden nur gleiten seicht,
was kaum noch dem Streichen auf Saiten gleicht.

Nur der eine Stelle als Bass kriegt,
der seine Finger ganz krass biegt.

Zum Komponist der Trompeter: "Wir sind Deine Kämpfer!
Doch bitte, verpaß uns keine Dämpfer."
Wer in des Tubisten Dunst kauert,
der fragt sich, wie lang dessen Kunst dauert.

Die Hörner aus den Stützen föhnten,
die Hörer unter Fürzen stöhnten;
doch wenn sie die Kannen zum Schmettern brachten,
dann konnten sie selbst beim Brettern schmachten.

Ich hab' schon manchen staunen sehn,
der zuhörend mußt' vor Posaunen stehn.
Zu Boden möcht' selbst vor lauter Krach fallen,
wenn sie sich jemanden vom Fach krallen.

Wenn tief herrscht in den in den Flöten Trauer,
dann klingen ihre Tröten flauer.
Voll Mitleid muß der Spötter gucken,
hört er, was die fagötter spucken.

Das Publium liebt Klarinetters Gehudel noch,
kommt ihm selbst schon längst das Genudel hoch.
Der Oboist muß stets noch was am Rohr tun.
Erst danach kann der arme Tor ruhn.

Wenn der Schlegel schlecht auf's Fell schnellt,
des Paukisten Laune schnell fällt.
der Trianglist sacht zum Wecken bimmelt,
weil's gleich von Schlägen aufs Becken wimmelt.


„Der Instrumentenstreit

von N.J.Kahlen

In der Oper unsrer Stadt
da fand am Sonntag gar nichts statt.
Zwar wollte man "Fidelio" bringen
doch weil die Instrumente ringen,
wer wohl vom Allerbesten sei,
gab's eine Riesenstreiterei.
Hier gilt, wie bei jedem Krach:
Einer fängt an, der Rest zieht nach...

Die Geige war's, denn arrogant
verkündet sie: "Ist euch bekannt
was wäret ihr ohne mich?
Ich bin es, die die Herzen bricht
mit diesem sehr superben Ton.
Was ihr da macht, klingt monoton.
Der zarte Strich auf meinen Saiten
das könnt ihr alle nicht bestreiten,
erwärmt die Herzen und die Seelen.
Ja. - Ohne mich würd euch was fehlen ..."

"Quatsch." Rief die Bratsche, "Gib nicht an!
Ich bin die einz´ge, die das kann.
Wenn mein warmer Ton erklingt,
die Sehnsucht in den Herzen schwingt.
Zigeuner wissen das zu schätzen."

Das Cello brummt:" Hör auf zu schwätzen!
Mein Klang ist einzig und alleine
der wunderschönste, meine Kleine!
Was weisst denn du vom satten Ton?
Wenn ich erst spiele, merkst du schon,
wie jeder Ton im Körper klingt."

Der Kontrabass nach Luft jetzt ringt:
"Es ist doch jedem sonnenklar
das keiner ist und keiner war,
der tiefer kommt, als ich es kann.
Dazu hört sich das wohlig an.
Der Klang ist zwar etwas dezent
und dennoch euer Fundament."

"Ha!" Dröhnt es da von der Posaune
"Jetzt krieg ich langsam miese Laune.
Ein Schlummerton? Das ich nicht lache!
Bei mir wirds laut. Da gehts zur Sache.
Mächtig klingt mein Pusteton
so laut als wie ein Megaphon."

Der Kragen der Trompete platzt:
"Wer hat denn letztes mal gepatzt
und Wagners "Zar und Zimmermann"
versägt, wie es sonst keiner kann?
Mit deinem lauten Rumgedröhne
hast du zerstört ..."

... "Ich bin empört!"
fiel die Oboe jetzt ins Wort.
"So streitet nicht in einem fort.
Das leise Töne inniger,
das ist doch klar und sinniger.
Auch Klarinette und Fagott
sprachen: "Das ist doch alles Schrott.
Weil unser Ton aus Holz geformt,
klingt er natürlich, nicht genormt."

"Hab ich da was von Schrott gehört?"
schrie da die Flöte hochempört.
Und mit schrillem hohen Pfiff
sie jetzt die anderen angriff.
"Stellt euch mal vor ..." So züngelt sie
mit bodenloser ironie
"Wen wird man spielen wenn´s drum geht
ein Pärchen, das umschlungen steht,
durch sanfte Töne darzustellen?
Wen würdet ihr dazugesellen?
Etwa Fagott oder Posaune?
Ha! Kaum! Bei dieser Liebeslaune
bin einzig ich nur angesagt.
Getöse ist da nicht gefragt."

Jetzt wird das Becken richtig böse.
Und auch die Pauke mit Getöse
macht krach, dass es kaum auszuhalten.
"Uns braucht ihr dringend zum Gestalten.
Denn wenn ein Stück dann mehr und mehr
sich steigert bis zum geht-nicht-mehr,
dann setzen wir den Höhepunkt
und das ist prickelnd und es funkt!
Man kommt in Wallung, ist doch klar.
Und weil das rar, sind wir der Star."

Nach einer kleinen kurzen Pause
die man nach dieser Ohrensause
sich gönnt, spricht unverhofft der Flügel:
"He Leute! Kommt! Was soll die Prügel?
Seht mich doch mal als Beispiel an.
Ich spiel nur manchmal, dann und wann.
Steh oft nur unbespielt herum.
Das tut zwar weh, doch sei es drum.
Denn wenn ich dann zum Einsatz komme,
spiel ich mit Freude und mit Wonne.
Und nicht, weil ich, wie von euch viele,
mal endlich was solistisch spiele.
Nein. Ohne euch klingt es doch nicht.
Das, was ich spiel kriegt erst Gewicht
und wird verstärkt durch euer Spiel.
Das zu erreichen, ist das Ziel.
Als Solist weiß von uns allen
doch ein jeder zu gefallen.
Nur als Orchester sind wir eben
so gut, weil wir erst richtig leben.
Ob Trauer, Wut, Zorn oder Leid.
Ob Sehnsucht, Liebe oder Freud ...
Ob Tanzen, Scherzen oder Lachen,
wir können etwas daraus machen.
Nur - Jedes Ding hat seine Zeit.
Ihr müßt euch zügeln. Tut mir leid.
So schaffen wir auch ohne Worte,
was keine Sprache je vermochte.
Man muß nur hören, nicht verstehen.
Jetzt lasst uns an die Plätze gehen!"

Gesagt, getan. So war zum Schluß
das musizieren Hochgenuss.

(Lisa und Jonas gewidmet)

 

Vergessene Kreatur

 

Als Gott die Welt erschaffen, und jede Kreatur,

dacht er bei sich „Es fehlt noch was,

Ach, wüsst ich doch, was nur“.

Gott überlegte lange bis er die Lösung fand:

Vergessen hab ich die Bratscher, das ist doch allerhand“.

„Sei´s drum“, sprach Gott, „durch die Evolution

wird´s in Millionen von Jahren auch Bratscher geben,

darauf wette ich jetzt schon“.

 

 

Gebet eines „verhinderten“Geigers

 

Lieber Gott,

nach vielem Üben in all den Jahren

musste ich heuer nun erfahren:

Mein Können als Geiger sei hoffnungslos,

drum möchte ich umsatteln auf Bratschenvirtuos !

Schon viel vor mir haben das geschafft

Und wenigstens “Provinzkarriere“ gemacht.  

Daher hilf mir, lieber Gott, ich bitt um dein Erbarmen,

ich wird dich allezeit loben in Ewigkeit. Amen !

 

 

Nachtgebet des Bratschisten

von Elisabeth Birnbaum


O Herr, ich bin Bratschist!

Du weißt ja gar nicht, wie das ist.
Mein Instrument ist wichtig,
doch keiner schätzt es richtig.
O Herr, ich bin Bratschist!

Natürlich dürfen Geigen
ihr Können öfter zeigen:
Sie spiel´n in hohen Lagen
und schneller meist als wir,
dazu ist nichts zu sagen,
nur: wer kann was dafür?

Ich hab´ doch meine Noten.
Und es ist streng verboten,
noch mehr zu spiel´n als das.
Ich wüsst´ auch gar nicht, was.
O Herr, ich bin Bratschist!

Jedoch die Komponisten
bevorzugen Cellisten.
Die kriegen all die schönen
und edlen Kantilenen.
Wie ungerecht das ist!
O Herr, ich bin Bratschist!

Bei uns sind Soli selten.
Darf man uns darum schelten,
wenn unsereins erschrickt,
sobald er eins erblickt?

Doch es ist eine bitt´re
Verleumdung, bös und roh,
dass jeder Ton dann zitt´re,
als stünd´ da: Tremolo!
Du weißt, dass es nicht JEDER ist.
O Herr, ich bin Bratschist!

Doch Herr, was mich am meisten quält:
Es ist ja fast schon Pflicht,
dass Bratschenwitze man erzählt,
und - ich versteh´ sie nicht!

Ich hab´ Humor, das weißt du ja,
doch meistens steh´ ich ratlos da,
wenn alle um mich vor Vergnügen
auf Schenkel klopfen, sich verbiegen
und kreischen: "Selten so gelacht!"
- Was hab´ ich da schon durchgemacht!

Und doch: Ich lieb´ mein Instrument.
Schon weil ich gar nichts and´res könnt´.
Ich bitt´ dich nur als frommer Christ,
dass du barmherzig mit mir bist,
denn Herr: Ich bin Bratschist!

 

Elisabeth Birnbaum (Sängerin und Autorin aus Wien) hat ein ganzes Büchlein solcher Gedichte über Orchestermusiker herausgebracht! Es ist im Amalthea-Verlag erschienen und trägt den Titel "Oh Herr, ich bin Bratschist! - Was Sie über Orchestermusiker besser nicht wissen sollten"

 

VOM BRATSCHENMANN

Ist der Bogen erst gespannt,
sind die Noten aufgeschlagen,
nimmt die Bratsche er zur Hand,
hält sie an den weißen Kragen.

Eifrig und mit viel Genuß,
feurig streicht er Sait' um Sait',
weil ein Bratscher nun mal bratschen muß,
das erwarten alle Leut.

Und er läßt es gehen,
alles wie es will,
bratscht im Liegen, Sitzen, Stehen,
und die Bratsche wird nicht still.

Als die erste Saite reißt,
läßt er sich nicht weiter stören,
auch nicht, als der Hund ihn beißt,
der die Bratsch' mag gar nicht hören.

Bald ist auch die zweite Sait'
ruiniert durch das Gestreiche.
Doch staccato mal, mal breit
kommen harte Töne und auch weiche

weiterhin aus seiner Bratsche,
und er macht noch lang nicht Pause.
"Nein", spricht er, "ich latsche,
bevor ich nicht geendet, nicht nach Hause."

Endlich bricht die dritte Sait',
und der Steg droht umzukippen.
Er, nicht ungeschickt, mit Tapferkeit
hält ihn fest mit seinen Lippen.

Schließlich reißt dem armen Tropf
auch noch an der engen Hose
laut und schrill der letzte Knopf,
und die Hose, die wird lose.

Er jedoch, er läßt sich nicht beirren,
läßt die Leute tratschen, lachen, munkeln,
sein Gebratsche kann das nicht verwirren,
denn es wird ja doch bald dunkeln.

Lange noch und ungeniert
wird so vor sich hin gestrichen,
selbst als ihm der Hintern friert,
wird nicht feig hinfortgeschlichen,

wird gespielt und musiziert
und mit klammen Fingern gar
immer sauber intoniert
ein schier unerschöpflich Repertoire.

Selbst als schon die Sterne funkeln
und der Mond am Himmel wacht,
sieht man ihn noch fern im Dunkeln
Töne schicken in die Nacht.

Nehmt zum Vorbild diesen Mann,
der nie aufgibt, nie verzagt,
und so lang er bratschen kann,
sich so unermüdlich plagt!

Ohne Knopf auf einer Saite,
frierend, hungernd, doch mit Leidenschaft,
bratschte er, bis ihn befreite
die Erschöpfung, die ihn hingerafft.

Nehmt zum Vorbild diesen Mann,
der den Mut niemals verlor!
Auch wer gar nicht bratschen kann,
halt dies leuchtend Beispiel immerdar sich vor!

Kann man doch noch andere Sachen,
ohne Hosen, seelenvoll,
frierend und im Dunkeln machen.
Ich auf alle Fälle find das toll!

 

 

Ein Bratscherschicksal

 

Ein Bratscher hatte zwei Instumente.

Zwischendurch gab es Momente

Wo er auch Geige spielen würde,

Doch allzu gross war die Bürde

Um finanziell was anzuschaffen,

Oder einen Sponsoren anzugaffen.

Drum legte er eine davon kurzerhand

In Wasser, gefüllt bis zum Beckenrand

Und hoffte, dass diese nun eingeht.

Mit der Hand er noch das Wasser bewegt,

Damit rundum die ganze Nässe

Gleichmässig das Holz schmoren lässe.

Mit Meister Propper und etwas Pril

Erhoffte er sich ein schnelles Ziel,

Und hängte sie an die Wäscheleine.

So blieb sie ein paar Tag` alleine

Bis er sie wieder holen wollte,

Doch passierte es schon Witwe Polte

Dass – pardaus – das Objekt gestohlen

Er aber keinen Fips hatte zum versohlen.

Die Versicherung bezahlte das Instrument.

Er sein Meisterwerk aber nun nicht kennt

Und traurig weiter Bratsche übt

und eingesteht sich ganz betrübt

dass zum Geigen er geboren wäre,

das Schicksal aber es verwehre.

 

Der Autor  auf Anfrage über sich:

O.K - Damit ich nicht als Anonymus gehandelt werde: Natürlich spiele ich Bratsche, bin aber hauptberuflich Architekt, da ich vor über 30 Jahren Geige und Architektur studierte, aber aus finanziellen Gründen mich für die Architektur entschied. Ich war mehrere Jahre im Laienorchester (Baarer Kammerorchester) Konzertmeister und ging vor vier Jahren bei Walter Tresch (Solobratschist im Luzerner Sinfonieorchester) zwei Jahre in den Unterricht. Inzwischen bin ich ein begeisterter Laienbratschist und habe mir von Karl Koch Luzern eine Bratsche bauen lassen.

 

Zugabe

Eine Bratsche aus Bratsch

Hatte riesigen Knatsch

Wegen ihrem Namen.

Nun nennt sie sich Viola. – Amen !

René Bigliotti

 

Kammermusik

Erste Geige:
Ich, in die Schönheit dieser Welt verliebt,
beschenke sie mit meiner eignen Schöne.
Die Welt ist ohne Abgrund. Strömend gibt
mein Herz sich aus. Ich bin nur Lied: Ich töne.

Zweite Geige:
Mir, neben lichterm Wesen, ist verwehrt,
ein Ich zu haben. Nicht die Welt - doch fester
und wirklicher: die Erd hat mich belehrt.
Dort dunkelt es. Laß dich begleiten, Schwester!

Bratsche:
Mein grauer Scheitel macht es mir zur Pflicht,
den Abgrund euch zu nennen. Wie ihr beide
verschwistert hingeht, Kindliche, besticht
selbst noch der Streit um nichts. Ich aber leide.

Cello:
Ich weiß zutiefst, daß alles Schicksal ist,
das schön Getane und das Unerlöste.
Ich bin dem Ganzen treu: Genießt und büßt!
Ich warne nicht. Ich weine mit. Ich tröste.

(Joseph Weinheber(1892 – 1945), Österreichischer Lyriker)

 

 

„Ein Mensch...“

 

Ein Mensch möcht´ erste Geige spielen,
jedoch - das ist der Wunsch von vielen,
so dass sie gar nicht jedermann,
selbst wenn er´s könnte spielen kann.

Auch BRATSCHE ist für den der´s kennt,
ein wunderschönes Instrument !

 

(Eugen Roth)

 

"Die Wallfahrt nach Kevlaar"

 

Nach Kevlaar ging mancher auf Krücken
Der jetzo tanzt auf dem Seil,
Gar mancher spielt jetzt die Bratsche,
Dem dort kein Finger war heil.

 (Heinrich Heine, Buch der Lieder)

 

 

Musikalisches von Eugen Roth

 

Ein Mensch, will er auf etwas pfeifen,

darf sich im Tone nicht vergreifen.

 

Ein Bratscher, will er sich nicht vergreifen,

muß wohl auf falsche Töne pfeifen.

© Andreas Denhoff (Nov.2002)

 

Ein Unmensch, will er Bratsche streichen,
nimmt keine Rücksicht auf dergleichen.

© Johannes Norpoth, Münster im Dez.2003