Goldene Regeln für das Zusammenspiel

Nach einem englischen Original, welches für Blockflöten bestimmt ist,

bearbeitet und kommentiert von Andreas Denhoff, speziell für die Bratsche

 

1.        Stimmen Sie gründlich vor dem Spielen; Sie können dann mit gutem Gewissen den ganzen Abend unsauber spielen. Wenn Sie nicht stimmen können, gehen Sie zu einem Geigenbauer Ihres Vertrauens und lassen Sie ihn das für Sie erledigen. Achten Sie immer auf die Garantiedauer der Stimmung!

 

2.        Wenn es Ihnen nicht gelingt, eine Saite sauber zu stimmen, so liegt das an der Klangfarbe Ihres Instrumentes .Auch hier gilt wieder obiger Ratschlag (mit dem Geigenbauer).

 

3.        Spielen Sie alle das gleiche Stück .Schlagen Sie die Noten zu (man hat ja zum Finden Ihres Platzes die Noten aufgeschlagen) und vergleichen Sie das Deckblatt der Noten in allen Details miteinander.

 

4.        Es sind immer die anderen, die die Solostellen haben. Es sei denn bei den ersten Proben war das erste Pult frei und man hat Sie zum „Solobratscher“ verdonnert. Na dann Hals und Beinbruch oder wie der Bratscher zu sagen pflegt : Gut Kratz!

 

5.        Wenn Sie daneben gegriffen haben, schauen Sie einen Ihrer Nachbarn böse an. Aber bitte keinen bratschenden Kollegen, Sie müssen doch alle zusammenhalten.!

 

6.        Halten Sie bei jedem Wiederholungszeichen an und besprechen Sie gründlich, ob wiederholt werden soll oder warum nicht. Das fördert die Kommunikation ungemein und  man hat vielleicht auch noch Gelegenheit, über andere wichtige Themen zu reden.

 

7.        Blättern Sie vorsichtig um; die vierte Seite eignet sich selten als Fortsetzung der ersten. Bei moderneren Werken ist die jedoch nicht so von Belang.

 

8.        Wenn Sie hierbei Zeit verlieren, spielen Sie solange etwas schneller, bis Sie die anderen eingeholt haben. Sie können jedoch auch einfach ein paar Takte pausieren (in dem Sinne von: Dona nobis tacet) und Ihre interessanten Gespräche fortsetzen.

 

9.        Streben Sie immer die meisten NpS an (Noten pro Sekunde).Dies sollten allerdings nur die ganz Geübten machen, ansonsten gilt obiger Ratschlag.

 

10.     Ein richtiger Ton zur falschen Zeit ist ein falscher Ton; das Gegenteil ist dasselbe. Was der eine nicht kann, lässt der andere weg.

 

11.     Ein nicht hörbarer Ton kann kein falscher Ton sein. Und das nach dem Motto: Hauptsache , die Choreographie stimmt.

 

12.     Wenn alle anderen falsch spielen und Sie allein richtig spielen, sollten Sie auch versuchen, falsch zu spielen. Nur gemeinsam sind Sie stark und Sie fördern das sozial wichtige „Wir-Gefühl“ in der Gruppe.

 

13.     Wenn man lange Noten verschleppt und dafür bei den Achteln eilt, gleicht sich das bei etwas Geschick am Ende aus. Erklären Sie den Mitspielern folgendes: Inegalität ist eine alte Aufführungspraxis, die wieder belebt werden sollte. Siehe Regel 16.

 

14.     Sind Sie hoffnungslos 'raus, so unterbrechen Sie das Spiel mit der Bemerkung: "Ich glaube, wir sollten mal nachstimmen". Oder: „Ich glaub ich muß mal wieder zum Geigenbauer.“

 

15.     Mußte das Spiel Ihretwegen unterbrochen werden, so erklären Sie lang und breit, inwiefern und warum Sie sich geirrt haben. Alle werden interessiert zuhören. Selbsterkenntnis ist doch schließlich der erste Weg zur Besserung.

 

16.     Zitieren Sie alte Spielanweisungen, wie andere die Bibel: Sie suchen sich heraus, was Ihnen paßt, und lassen weg, was nicht mit Ihrer vorgefassten Meinung übereinstimmt. Wenn sie keine Meinung haben, nicken Sie immer bedeutungsvoll bei Bemerkungen anderer Kollegen.

 

17.     Prüfen Sie die verschiedenen Ausgaben genau, bevor Sie sich für eine entscheiden. In einer guten Bearbeitung fängt jeder schnelle Satz mit einem 'forte', jeder langsame mit einem 'piano' an. Vorworte sind absolut unerlässlich. Sie machen das Spielen des Stückes unter Umständen überflüssig oder sogar unerwünscht. Bei den über Bratschergenerationen weitervererbten Stücken erübrigt sich dies, sie sind schließlich in der Praxis schon getestet und mit hilfreichen Anleitungen versehen.

 

18.     Alle Anmerkungen wie p, f, cresc., decresc., Punkte und Striche über, unter, vor oder hinter Noten sind ohne Bedeutung. Sie sind nur Ausschmückungen von nicht zur Entfaltung gekommenen Druckern und werden während des Spielens sowieso mehrfach geändert. Jedoch nicht von Bratschern, denen ist das Benutzen von Bleistiften und Radiergummis viel zu aufwendig und zu kostspielig.

 

19.     Authentisch nennt man eine Interpretation, wenn niemand mehr das Original vermutet. Wenn niemand mehr das Original erkennt, so können Sie das Werk dann ja als das Ihrige ausgeben. Viele Komponisten haben schließlich auch mit Leidenschaft Bratsche gespielt, warum könnte es nicht auch einmal umgekehrt sein.

 

20.     Wenn alle anderen zu Ende sind, sollten Sie nicht noch das Stückchen spielen, das Sie noch übrig haben. Nur als Solobratscher dürfen sie dies mit der Bemerkung tun: „Ich hab noch ein Solo!“

 

21.     Selig sind diejenigen, die kein absolutes Gehör haben, denn Ihrer ist das Königreich der Musik. Als Bratscher haben Sie doch sicherlich absolut kein Gehör und somit gilt für Sie: Selig sind die Dummen, denn sie wissen nicht was sie tun.