Bratschenputtel
Es war einmal ein Königreich, das Orchester
genannt wurde. Der König dieses Reiches war der Dirigent, der sich nach einer
bereits schon langen Regierungszeit nun endlich eine Frau suchen wollte, denn
auf die Dauer war es immer sehr einsam an seinem Herrscherpult.
So ließ er im ganzen Lande verkünden, er
veranstalte in einem Jahre einen Ball für alle weiblichen Instrumente, um eine
geeignete Kandidatin zu finden.
Auch die einflussreiche Familie der Streicher
und Holzbläser hörte davon und begann sofort, Pläne für ihre vier Töchter Klarinetta, Geigeline, Flöterike und Bratschenputtel zu
schmieden. Mutter Oboe aber war Bratschenputtel, die
Vater Kontrabass aus seiner ersten Ehe mitgebracht hatte, ein Dorn im Auge,
weil ihre dunkle und warme anmutige Schönheit die ihrer schrillen Töchter bei
weitem übertraf, und so kam es, dass sie Bratschenputtel
von allen Vorbereitungen ausschloss und dazu erniedrigte, als Dienstmagd für
ihre Töchter zu dienen, als Vater Kontrabass völlig plötzlich verstarb.
Als nun das Jahr vorüber war, kam Mutter Oboe
mit ihren drei aufs Feinste herausgeputzten Töchtern und Bratschenputtel
in ihrem Gefolge als Dienstmagd auf den Ball des Dirigenten. Der Abend nahm
seinen Lauf, man amüsierte sich, jede der unzähligen Töchter, die aus dem
ganzen Reich eingetroffen waren, präsentierte sich von ihrer besten Saite und
versuchte, dem Dirigenten näher zu kommen. Nur Bratschenputtel
fühlte sich ganz alleine. Traurig über die ihr angetane Gerechtigkeit saß sie
in einer dunklen Ecke und spielte leise melancholisch auf ihrer C-Saite vor
sich hin. Und niemand beachtete sie.
Als aber der Dirigent nach einiger Zeit aus
dem Saal hinausgehen wollte, um sich mit seinen Ministern zu beratschlagen, da
ihm keine der quietschenden Töchter zusagte, fiel sein Blick auf Bratschenputtel. Unbemerkt von allen, stellte er sich
hinter sie und lauschte gebannt ihren tiefen und warmen Melodien, die ihn
verzauberten. Schließlich schaffte er es, sich daraus zu befreien und setzte
sich neben sie. Erschrocken blickte Bratschenputtel
auf und errötete zutiefst, als sie erkannte, wer neben ihr saß. Sie begann
sofort, sich untertänigst zu entschuldigen, doch der
Dirigent brachte sie zum Schweigen, indem er sie fragte, ob sie seine Frau
werden wolle. Bratschenputtel konnte vor Glück kein
einziges Wort sagen, aber sie schaffte es dennoch, zu nicken.
So heirateten der Dirigent und Bartschenputtel, sie wurde als Viola I zu seinem einzigen
Soloinstrument in Orchester und alle im Land waren fasziniert von ihrem schönen
warmen und dunklen Klang. Niemand erinnerte sich mehr an die arme Dienstmagd Bratschenputtel, die immer ein Außenseiter sein musste.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann
spielen sie noch heute…
Verfasserin ist...ach lest doch selbst, was
mir die Autorin geschrieben hat:
Ich schicke Ihnen eine Geschichte, die ich in
eine meiner seltenen kreativen Stunden selber verfasst habe, vielleicht haben
Sie ja Verwendung dafür auf Ihrer netten Homepage, deren fleißige Besucherin
ich seit der Entdeckung vor einigen Wochen ich nun bin ;-)
Einen guten Rutsch ins neue Jahr! (Anmerkung
der Redaktion: Diese mail war leider etwas in
Vergessenheit geraten, aber jetzt wiederentdeckt worden)
Mit vielen Grüßen,
Katharina Weigel (Nr. 53 im Gästebuch ;-) )