Is Lahm

 

Das Auf und Ab und zu und davon eines begnadigten Viola-Virtuosen

 

Über die Herkunft von Is Lahm ist bis jetzt nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Man weiß nur, dass er sein erstes Instrument, die Ratsche, schon im zarten Alter von 2 Jahren mit einer gnadenlosen Perfektion beherrschte. Er machte mit penetranter, prägnanter Präsenz seine Umwelt schon auf seine schlummernden Fähigkeiten vehement aufmerksam. Der Weg zur Bratsche hatte sich also mit einem Vorzeichen schon angedeutet, der Wechsel war unvermeidlich und ...kostspielig. Anfangs war nämlich der Verschleiß an Instrumenten sehr groß, weil er die Gebrauchsanweisung nicht lesen konnte und die Bratsche wie eine Ratsche spielte. Heute kann er immer noch nicht lesen und hat seine liebe Not mit den Noten, aber er hat zumindest herausbekommen, das es doch einen größeren Unterschied zwischen der Ratsche und der Bratsche als das B gibt. Lahm über sich selber: „Meine Leistungen wurden minimal passabler, die Leute waren wenigstens zufrieden, dass ich ein leises Instrument gefunden hatte. Sie haben mich weder verprügelt noch meine Instrumente zerhackt oder angezündet. Ich konnte übrigens auch schon bald die Lagen wechseln: Einmal war ich in einer Notlage, danach durfte ich sofort eine Niederlage erleben, die nach einer schweren Verletzung (ich hatte mich in die dritte Lage gewagt) mit der stabilen Seitenlage endete. Aber man raffte mich wieder auf und so konnte ich sogar bei einer Orchesteraufführung mitmachen: Als das Neujahrskonzert aus Wien übertragen wurde, habe ich mich vor den Fernseher gestellt und beim Radetzkymarsch fleißig mitgeklatscht. Das Publikum (mein Papagei) hat gekreischt. Mein erstes Konzert hatte ich in der Provinz und auch das war spektakulär. Es war schließlich auch ein Besucher da, die Putzfrau. Sie meinte, ich solle schnell spielen, sie müsse hier noch putzen. Der Kritiker des Konzertes war in der Zeitungskritik sprachlos, er betitelte die Kritik mit: „Warum?“ Ich habe mich trotzdem aber nicht davon abhalten lassen, meine vorgegebene Bestimmung weiter zu verfolgen, was aber nicht ganz leicht war, denn ich fand meine Be- und Stimmung nicht wieder. Die Ärzte prognostizierten bei mir BSE, was ich für die fehlende Stimmung hielt, aber dem war wohl nicht so. So fiel ich in große Depression, verlor den Glauben an die Bratsche und wurde zum Atheisten, denn ich hasste inzwischen Kreuze. Auf der Suche nach neuen Aufgaben verirrte ich mich in den Sport, aber beim ersten Rennen wurde ich letzter, ...es war ein Schneckenrennen. Das rote Milieu war auch nichts für mich, ich kannte zu wenig Lagen und mein Rhythmusgefühl ließ aufgrund meiner musischen Behinderung auch sehr zu wünschen übrig. Ich sackte ab ins Kriminelle, mein erster Banküberfall mit den Worten: „Geld her oder ich spiele“, war mit dem Erfolg gekrönt, das die Angestellten richtig Mitleid mit mir hatten und mir eine Therapie verschafften. Bei dieser Therapie der „Anonymen Bratscher“ besann ich mich doch meiner Fähigkeiten, bekam mein Instrument neu gestimmt und nach 729 Probespielen sogar meine erste Stelle im Orchester. Dem ersten Dienst folgte jedoch auch gleich wieder der Rausschmiss. Mir wurde mein Instrument gestohlen! Ich merkte den Verlust jedoch erst in der Pause, als ich gehen wollte. In den Noten der Oper, die an diesem Abend gespielt wurde stand schließlich, der zweite Akt spielt zwei Monate später.... Man ließ mich gehen.“

Soweit Is Lahm zu seiner eigen(artig)en Vita. Nach diesem Rausschmiss hörte man lange nichts von Is Lahm. Wie obiges Bild zeigt, versuchte er, das Spielen der Bratsche weiterzuentwickeln, was aber verständlicherweise nicht zu einem positiven Resultat führte. Inzwischen meldet er sich aber mit einem CD-Debüt wieder zurück auf den Bratschenkunstolymp. Diese Aufnahme gibt all seine in mühsamen, langjährigem Einzelkampftraining erworbenen Unfähigkeiten wieder. So hören wir dort das schon legendäre Sechzehntel, den Triller von  ½  Stunden Länge (einmal rauf und runter), oder die selbstkomponierte Kantate „Dona nobis tacet“ für Viola Solo ad libitum, die von einer unheimlichen Stille geprägt ist. Ganz zu Schweigen von seiner atemberaubenden Tonleiter, die aber wegen ihrer immensen Länge auf der CD nur in Fragmenten zu hören ist. Erschienen ist die CD zwar bei „Deutsche Bratschophon“, aber die Auflage von 2 CD’s wird vermutlich bald vergriffen sein. Demnächst geht Is Lahm auf Welttournee, das Programm seines bis jetzt einzigen Auftritts wird wieder spektakulär werden und ist exklusiv auf der nächsten Seite abgedruckt. Den weiteren Verlauf dieses hürdenreichen Leidens werden wir im Auge behalten, es wird sicherlich ins selbige gehen. Wir sind gespannt auf die noch kommenden auf und ab und zu und davon’s von Is Lahm.

 

© Andreas Denhoff 6/03